Es ist noch kein Lehrling vom Himmel gefallen

In Vorarlberg gibt es ein dichtes Netz an Unterstützungsangeboten für Jugendliche, die auf der Suche nach einer Lehrstelle sind, man muss nur wissen, wie man zu ihnen kommt. Hier eine kurze Geschichte dazu:

Ein Malerbetrieb aus dem Rheintal war auf der Suche nach Lehrlingen und hatte diese schon fast aufgegeben. Mich hatte verwundert, dass es im Rheintal Jugendliche gibt, die lieber ohne Lehrstelle sind, als bei einem gut geführten Betrieb einen handfesten Beruf wie den des Malers zu erlernen. Also bin ich der Sache nachgegangen. Als erstes habe ich kontrolliert, ob der Betrieb die Lehrstelle im AMS Portal veröffentlicht hat. Immer wieder höre ich von Unternehmen, dass sie keine Lehrlinge finden, dann stellt sich heraus, dass sie weder auf ihrer Website noch im AMS-Portal die Lehrstellen ausgeschrieben haben. Doch in diesem Fall war alles in bester Ordnung.

Danach habe ich im BIFO-Jugendcoaching nachgefragt. Das Jugendcoaching ist ein Projekt des Sozialministeriumservice und richtet sich an abbruchs- und ausgrenzungsgefährdete Jugendliche ab der 9. Schulstufe. Die Coaches beim BIFO unterstützen die Jugendlichen in der Phase der Berufsorientierung am Übergang von Schule und Beruf. Im konkreten Fall hatte zu diesem Zeitpunkt kein Jugendcoach Jugendliche in Beratung, welche sich für den Lehrberuf Maler:in und Beschichtungstechniker:in interessieren.

Ein Lehrling aus der überbetrieblichen Lehrausbildung? Ich war etwas verwundert, wollte aber nicht aufgeben. Also habe ich mich am sogenannten zweiten Lehrstellenmarkt umgesehen. In zwei Programmen der überbetrieblichen Lehrausbildung habe ich mich schließlich erkundigt. Beide Institutionen waren direkt sehr aufgeschlossen. Bei den Trägern FAB in Dornbirn sowie dem Ausbildungszentrum Vorarlberg – mit mehreren Standorten in Vorarlberg – gibt es Personen mit Pflichtschulabschluss, die auf der Suche nach einem passenden Lehrbetrieb sind. In diesem Fall auch einige, die sich für den Beruf Maler:in und Beschichtungstechniker:in interessieren.

Sofern noch kein Berufswunsch klar ist, erhalten Jugendliche beimFAB Kurse zur Orientierung und Vorbereitung auf die Arbeit im künftigen Betrieb. Im Anschluss beziehungsweise wenn eine Vorbereitung nicht nötig ist, erhalten interessierte Jugendliche einen Lehrvertrag beim FAB, Unterstützung beim Berufsschulbesuch beziehungsweise beim Eingewöhnen in das jeweilige Partnerunternehmen, bei dem der Praxisunterricht für die duale Ausbildung organisiert wird. Gemeinsam mit dem Partnerunternehmen, welches den Wunschberuf ausbildet, werden die Jugendlichen auf Stand gebracht, sodass das Partnerunternehmen die Jugendlichen dann in ein Regel-Lehrverhältnis direkt im Unternehmen übernehmen kann. Dabei werden die Zeiten im FAB auf die Lehrzeit angerechnet.

Im Ausbildungszentrum Vorarlberg können die Jugendlichen aus derzeit 14 Lehrberufen an mehreren Standorten wählen. Hier werden sie von den Ausbilder:innen praktisch angeleitet und berufsspezifisch ausgebildet. Durch die persönliche sozialpädagogische Unterstützung zur Stärkung der Sozialkompetenz und der im AZV abgehaltenen Nachhilfeangeboten kann ein Großteil der Lehrlinge bereits während des zweiten Lehrjahres in ein betriebliches Lehrverhältnis übertreten.

Der Malerbetrieb hat zu beiden Trägern Kontakt aufgenommen. Seitens des AZV kam schließlich das erste Angebot: ein Jugendlicher, der im Herbst das zweite Lehrjahr beginnt, sei interessiert daran, den Lehrbetrieb kennen zu lernen. Nach entsprechenden wichtigen Hintergrundinformationen zum Jugendlichen seitens der Pädagogin konnte er Anfang Mai im Betrieb schnuppern. Im Rahmen der überbetrieblichen Lehre im AZV können Jugendliche bis zu drei Monate im potenziellen Lehrbetrieb schnuppern und werden bei Bedarf auch nach der Übernahme für eine begrenzte Zeit begleitet. Darüber hinaus gibt es bei der Anstellung von Jugendlichen aus überbetrieblichen Ausbildungsangeboten verschiedene Förderungen, um die Chancen auf den erfolgreichen Lehrabschluss zu erhöhen.

Im betreffenden Fall hat es schließlich geklappt. Nach nur drei Schnupperwochen war für den Malerbetrieb und den Jugendlichen klar, dass ein Lehrvertrag abgeschlossen wird.

 

Institutionen und Informationen:

Lehrlingsstelle der WKV

www.wkv.at/lehre   

AMS für Unternehmen

www.ams.at/unternehmen

FAB – Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung

www.fab.at

AZV – Ausbildungszentrum Vorarlberg

www.ausbildungszentrumvorarlberg.at

 

Foto: Michael Nussbaumer